Genre: Schweden Pop
Label: Universal (Universal Music)
VÖ: 5. November 2021
Nach knapp 30 Jahre hat das Warten ein Ende. Fans konnten die Nachricht kaum fassen, dass es nach der inoffiziellen Trennung (1982/83) der Schweden, endlich ein neues Album geben soll. Und da ist es nun: Voyage (Anzeige). Es beschreibt eine Reise durch die (Lebens-) Geschichte der Bandmitglieder.
Eines vorweg: ABBA haben absolut nichts von ihrem Charme und unvergleichlichen Sound verloren. Vor allem die weiblichen Stimmen, sind merklich „gereifter“; kommen gar etwas rauchig daher und verleihen den Songs einen tollen Touch. Dies berührt umso mehr und zeigt, dass eben doch alles vergänglich ist.
Ungeachtet dessen, erklingen die ersten Töne und man fühlt sich binnen Sekunden in der Zeit zurück versetzt.
Als wären sie nie weg gewesen
Mit ABBAs Voyage erlebt man eine Zeitreise: Quasi „back to the roots“, wobei die sympathischen Schweden stets an ihrem eigenen Stil festhalten. Fernab jeglicher musikalischer Trends, bleiben sich die Songwriter Benni und Björn treu. Sie bewegen sich im altvertrauten Terrain und präsentieren uns den unverkennbaren ABBA-Sound.
Voyage ist, typisch für ABBA, zeitlos und nostalgisch zugleich; beinahe so, als würde man die alten Hits hören. Der Silberling mag für den ein oder anderen unfassbar altmodisch klingen. Allerdings ist es genau das, was sich eingefleischte Fans im Stillen erhofft haben: Eben einfach ABBA!
I Still Have Faith In You ist nicht nur der erste Song des neuen Albums, sondern obendrein der erste, welcher nach jahrelanger Pause in einem Live-Stream präsentiert wurde. Die wahnsinnig emotionale Ballade handelt von der Freundschaft der Bandmitglieder und vermag nicht nur Fans zu Tränen zu rühren. Beinahe besinnlich erklingen die ersten Töne und man ahnt schon, was einen in der nächsten halben Stunde zu erwarten hat: Großartige Musikmomente einer legendären Formation! Nach knapp zwei Minuten kommt der ABBAeske Umschwung. Bei zunehmendem Tempo vereinen sich Anni-Frids und Agnetas Stimmen zu der melodiösen Symbiose, die man seit 30 Jahren vermisst hat.
Die nächsten Lieder sind eine gute Mischung aus heiteren und doch sehr emotionalen Musikstücken. When You Danced With Me, erinnert zuweilen stark an schottische Folklore und vermittelt das Gefühl, als stünde man inmitten der Highlands.
Und dann – ganz überraschend – ist plötzlich Weihnachten. Little Things ist ein ganz bezauberndes Lied. Über Kleinigkeiten, die manchmal wesentlich mehr „Ich liebe dich“ sagen als Parfümflacons oder Brillanten.
Mit Just A Notion schütteln die Schweden ihre altbewährten Dance-Vibes aus dem Hemdärmel. Die Rock ´n´ Roll-Nummer schlummert bereits seit Ende der 1970er als Demo und wartete darauf, selbst den härtesten Tanzmuffeln ein Zucken durchs Bein zu jagen.
Momente mit Tiefgang
I Can Be That Woman beschreibt schwermütig, die erlebten Trennungsszenarien der beiden (Ex-) Paare. Besonders eindringlich sind die Momente, in denen Agnetas teils gebrochene Stimme die passenden Emotionen vermittelt.
Mein absolutes Highlight und Stimmungs-Hit der Platte: Keep An Eye On Dan. Doch so fröhlich das Lied klingen mag, ist es leider überhaupt nicht. Eine Mutter übergibt ihren Sohn für ein Wochenende in die Hände des Vaters und bittet darum, dass dieser gut auf ihn aufpassen möge.
Ab und an beschleicht einen das Gefühl, vertraute Klänge zu vernehmen. So auch bei Bumblebee. Mit den einsetzenden Flötentönen, meint man, gleich würde Fernando aus den Boxen schallen. Ähnlich bei No Doubt About It, welches (mich) ein wenig an Does Your Mother Know erinnert.
Kein Zweifel: Diese Nummer könnte der neue Musical-Hit à la Mamma Mia! werden. Kurz vor Ende überzeugt das Quartett erneut durch mitreißenden Schweden-Pop, bevor Ode To Freedom beinahe heroisch den Schlussakt einläutet. Ein Streichorchester erinnert an den Gefangenenchor von „Nabucco“. Recht ungewohnte Klänge für das Vierergespann, aber dennoch ein würdiger Abschluss!
Der letzte Akt
Auch wenn Fans es nicht hören wollen: Das große Comeback ist zugleich der finale Abgesang der Band. Während sich Agneta und Anni-Frid dafür entschieden haben, weiterhin im Hintergrund zu agieren, sind Björn und Benny immerhin für die Presse präsent. Die Zusammenarbeit der vier Musiker ist ausschließlich auf die Musikproduktion reduziert.
Gleichwohl wird es zukünftig eine Reihe von Live-Shows geben. Einziger Wermutstropfen: Die Bandmitglieder haben sich gegen eine Bühnenpräsenz entschieden und werden durch computeranimierte „ABBAtare“ vertreten, welche Agneta, Björn, Benny und Anni-Frid in ihren früheren Jahren (1979) zeigen. Immerhin kann man so (noch) einmal, in den Genuss kommen, die Hits live zu hören. Zumindest jene, die sich früh genug ihr Ticket sichern können. Denn die (bisher), lediglich in London, geplanten Shows sind logischerweise sehr begehrt. Ob der Rest der Welt auch in den einzigartigen Genuss kommen wird, steht vorerst in den Sternen. Lediglich die Hoffnung bleibt!
Bewertung:
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