Ich bin kein Star: Holt mich da raus! – Tiere als Social-Media-Opfer

Tiere Social Media Stars (c) woods of voices

Tagtäglich sehen wir unzählige Reels und vermeintlich spaßige Tiervideos auf Social Media. Kleine Filmchen in denen Tieren (lustige) Hüte aufgesetzt und gefakete „Happy Meals“ vorgesetzt werden oder dergleichen. Ein Umstand, der uns als Tierliebhaber besonders übel aufstößt. Tiere sind verdammt nochmal keine Püppchen oder Spielzeuge!

Warum kann man ein Tier nicht einfach Tier sein lassen?

Artgerechte Tierhaltung (c) woods of voices
Keine Gitter oder Plastikteile: Naturnahes Gehege (c) woods of voices

Als wäre diese Vermenschlichung nicht schon schlimm genug, sieht man ganz nebenbei auch noch, in welch unzumutbaren Umständen die Fellnasen leben müssen. Sei es, weil es deren Besitzer nicht besser wissen oder die idealen Haltungsbedingungen schlichtweg ignorieren. („Ist doch nur ein Tier!“)

Plastik- und/oder Gitterkäfige (noch dazu in minimalistischer Bauart!), Röhrensysteme aus Plastik, kaum Buddelmöglichkeiten oder Verstecke… Die uns auf dem Präsentierteller dargebotenen Tiere, scheinen ein glückliches Leben zu führen. Der ach so schöne Schein trügt jedoch gewaltig!
Ich will mir nicht anmaßen, zu behaupten, dass die Besitzer schlecht zu ihren tierischen Mitbewohnern sind. Die Tatsache aber, dass sie deren Haltungsbedingungen scheinbar nicht interessieren und dementsprechend alles falsch gemacht wird, was nur irgend möglich ist, lässt schlussfolgern, dass die Besitzer hier (wenn auch unbewusst) nicht gut für ihr Tier sorgen. In Folge dessen, muss man sie leider als Tierquäler bezeichnen.

Uneinsichtige Ignoranten

„Aber meinem Tier gefällt doch, was ich mit ihm mache… Schau, wie still es hält und die Prozedur sogar genießt.“ Solche (Pardon!) dummen Antworten muss man sich ständig anhören, wenn man als „Tierschützer“ auf die miserablen Haltungsumstände aufmerksam machen will. Meist erkennt man gerade an diesen und schlimmeren Bemerkungen (man wird gern direkt beleidigt), dass die betreffende Person entweder überhaupt nicht weiß, wie man mit Tieren umgeht oder schlimmer noch, es ihr schlicht egal ist. „Mir doch egal, wie es dem Tier dabei geht. Hauptsache, ich bekomme genügend Likes.“ Diesen Personen sollte nicht nur jeglicher tierischer Umgang verboten, sondern ebenso sämtliche Social Media-Kanäle gesperrt werden. 

Es geht auch anders

Da lobe ich mir offizielle Seiten von Tierschutzorganisationen und Pflegestellen. Diese Kanäle zeigen, wie artgerechte Haltung funktioniert und helfen somit bei der Aufklärung. Und – welch Überraschung – auch die hier gezeigten Tiere sind auf ihre eigene Art unendlich süß und manchmal auch unfreiwillig lustig. Ganz allein durch ihre Wesenszüge.

Ich weiß nicht, wie oft man es ansprechen muss, damit es endlich in die Schädel der Menschen geht und auch verarbeitet wird: Tiere sind kein Spielzeug! Sie sind Lebewesen und haben genauso Rechte, wie wir Menschen. Und gerade weil sie sich nicht wörtlich ausdrücken können (oder für sich sprechen können), gehören sie besonders geschützt.

Und wieder eine Aufklärung – weil es anscheinend noch immer nicht jeder verstanden hat

 

Tabsie hat keine Lust auf Fotos (c) woods of voices
Keine Lust auf Fotos (c) woods of voices

Wie schon in unserem Tierschutz-Special erwähnt, sollten Tiere keine Geschenke sein – zumindest nicht als Überraschung!
Die Anschaffung eines tierischen Familienmitgliedes bedarf einer gründlichen Vorbereitung und Überlegung, ob man gut für das Tier sorgen kann. Hierzu gehört nicht nur die finanzielle Lage (Anschaffungs- und Unterhaltungskosten, Tierarztkosten) zu bedenken. Mindestens genauso wichtig ist die Frage, wer sich um das Tier kümmert, wenn man es selber einmal nicht kann (Urlaub, Krankheit, etc.).

Alles sollte bereits vor (!) dem Einzug des neuen Familienmitglieds fertig sein. Spätere Umbauten und/oder Umräumaktionen stressen das Tier unnötig und können so nicht zuletzt zu Krankheiten führen.

Fallbeispiele:

Bisher ist dieser Beitrag recht allgemein gehalten. Da wir jedoch selber Tiermamis sind und aufgrund unseres Surfverhaltens auf Social Media hauptsächlich mit Hunde- und Hamstervideos getriggert werden, möchten wir an dieser Stelle ganz gezielt auf einige Fälle eingehen:

Mandy über Hamster

Unendlich oft werden mir Bilder von schlafenden Hamstern gezeigt, die in der Hand getragen werden. Ein schlafender Hamster gehört in sein Nest, wo er ungestört ist!

Besonders auf Social-Media-Kanälen aus Fernost sieht man, dass den Tieren ungeeignete Nahrung verabreicht wird. Obst für Zwerghamster (Diabetesgefahr!) oder gepresste Stangen aus einer undefinierbaren Masse.

Am schlimmsten sind jedoch die unzähligen ungeeigneten Gehege und Einrichtungsgegenstände. Minimalistische Gitter-Knäste (gern auch aus Plastik), zu kleine Laufräder mit Gitterstreben und Schereneffekt und andere gefährliche Utensilien, die dem Tier vermeintlich Spaß bringen sollen: All dies ist nicht nur fernab von einer artgerechten Haltung, sondern überdies äußerst gefährlich für den tierischen Mitbewohner. 

Sehr gern wird auch das Spielzeugauto des Kindes missbraucht, um sein Haustier darin zu chauffieren. Was soll man da noch sagen? 

Hamster natürliche Ernährung (c) woods of voices
Artgerechtes Futter mit Spaßfaktor (c) woods of voices

Eine Rutsche für´s Hamsterchen? Klar! Das macht doch jedem Spaß… Weit gefehlt! 

Aktuell sehe ich ganz oft Videos, in denen den kleinen Fellkugeln mit den Fingern auf den Kopf geklopft wird oder sie von hinten erschreckt werden. Ganz schlimm war ein Beitrag, in dem ca. 20–30 Roborowski-Hamster in einer kleinen Plastik-Kiste zusammen gepfercht waren. In dieser befanden sich mehrere Verstecke, die der Reihe nach angehoben wurden. Die darunter schlafenden Tiere sind folglich panisch umhergerannt. 

Ganz schlimm sind Lacher auf Kosten der Tiere. Beispiel: Ein Hamster mit Backflip-Syndrom. Ja, es sieht niedlich aus, wie er sich andauernd rückwärts überschlägt; dass da jedoch ein neurologisches Problem dahinter steckt, bedenken die wenigsten.

Und jetzt kommt der Oberhammer: Ein Hamster, dem eine Zigarette ins Maul gesteckt wurde! Was zur Hölle stimmt mit den Menschen nicht?! Ob Fake oder nicht, spielt hier keine Rolle!!!

Heidi über Hunde

Was mir als Hundemama besonders sauer aufstößt, sind Hunde, die in unbequeme Kostümchen gesteckt werden. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Noch schlimmer sind – naja, nennen wir sie mal „Schauhunde“, bei denen das Fell gefärbt oder die Krallen lackiert werden. Das ist purer Stress für die Tiere, weil nichts davon natürlich oder normal ist. Häufig wehren sie sich dagegen oder sitzen resigniert und lethargisch auf den Frisiertischen und lassen die quälende Prozedur über sich ergehen.

Niemand hat etwas gegen einen Besuch im Hundesalon – Fellpflege gehört eben dazu. Und ja, es gibt Tiere, die sich freuen, wenn sie die Matte endlich wieder los sind oder gern baden und gewaschen werden. Ich selbst hab so eine kleine Bademaus zu Hause, die mir sehr wohl anzeigt, wenn mal wieder ein Friseurtag fällig ist. ABER – und das ist schon ein Unterschied: Sie freut sich darauf, hat Spaß dabei und wird zu nichts gezwungen!

Hochgradig bedenklich wird es nochmal, wenn es ganz offensichtlich gefährlich wird. Das erste Beispiel, welches mir ad hoc einfällt (und was ich auch als Tierquälerei bei Instagram gemeldet habe): Zwei Dackel – vermutlich Mutter und Welpe – liegen schlafend inmitten zahlreicher Schoko-Eier. Schokolade?! Man muss nun wirklich nicht studiert haben, um zu wissen, das Schokolade das pure Gift für Hunde ist und bei übermäßigem Verzehr zum Tod führen kann.

Tabsie drängelt sich ins Bild (c) woods of voices
Tabsie drängelt sich ins Bild (c) woods of voices

Es ist schon mehr als unverantwortlich Schokolade überhaupt zugänglich für Hunde irgendwo liegen zu lassen, aber das alles noch bewusst zu arrangieren, ist ja wohl der absolute Höhepunkt! Und für was? Für ein zuckersüßes Foto natürlich. Da kann ich meinem Hund auch gleich ’ne Ladung Rattengift und Rasierklingen zum Frühstück geben. Unfassbar!
Solchen Leuten gehören die Tiere nicht nur sofort weggenommen… Nein, ich führe meine Gedanken jetzt nicht weiter aus. Das wird sonst sehr hässlich.

Handeln statt ignorieren  

Dies sind nur einige ausgewählte Fälle, die wir mit Argwohn zur Kenntnis genommen und teilweise auch gemeldet haben. Diese Liste könnten wir bis ins unendliche fortführen. Anhand dieser Tatsache muss man sich doch fragen, was auf der Welt geschehen muss, dass endlich einheitliche Tierschutzgesetze verabschiedet werden!? Es kann nicht sein, dass in unserem Land andere Gesetze gelten als beispielsweise in Amerika. (Ich war entsetzt, als ich Fotos von einem Supermarkt sah, in dem es ausschließlich ungeeigneten Tierbedarf gab.) 

Unsere Tiere zeigen, dass sie durchaus auch ohne Kostümchen und gefährliche Spielzeuge recht unterhaltsam sind. Sie werden zu nichts gezwungen und genießen einfach ihr Leben.

Edit von Heidi:

Ein weiteres Problem sind Tiere, die normalerweise keine Haustiere sind, also nicht im Haus oder gar der Wohnung leben.

Klar, sind Igel, Zicklein und Schweinchen süß – dennoch… Igel sind Wildtiere und zudem nachtaktiv; Ziegen brauchen viel Platz, frische Luft und frisches Gras; ganz ähnlich verhält es sich mit Schweinen und vielen anderen Tieren, die auf Social Media mit Mützen und T-Shirts auf rutschigem Parkettboden präsentiert werden. Nichts davon ist auch nur ansatzweise artgerecht. Oftmals zeigen diese Tiere das auch ganz klar an ihrem Verhalten. Zicklein, die hektisch umherspringen und auf ungeeigneten Böden ausrutschen und stürzen; Igel, die im Sauseschritt im Kreis flitzen… DAS IST KEIN NORMALES VERHALTEN! Der egoistische Mensch ignoriert derlei Warnsignale aber einfach und macht sich sogar noch einen Spaß daraus.

Schon wieder ein Appell:

Tierische Freunde (c) woods of voices
Tierische Freunde (c) woods of voices

Denkt doch zukünftig bitte ein Stück über den Tellerrand hinaus. Wägt ab, ob ihr euch ein Tier leisten und vor allem gut dafür sorgen könnt. Es spricht nichts dagegen, euren Vierbeinern und geflügelten Freunden einen Auftritt als Social-Media-Star zu verschaffen; achtet dabei aber immer darauf, dass es nicht dem Tierwohl schadet. Tiere sind allein durch ihre Persönlichkeit einzigartig. Schafft euch niemals ein Tier an, nur weil ihr selbst nichts im Leben auf die Reihe bekommt und hofft, mit witzigen Tiervideos der neue Star am Social-Media-Himmel zu werden.

Jedenfalls: Genauer hinschauen lohnt sich immer! Die Bilder und Videos scheinen auf den ersten Blick lustig und niedlich. Doch wie geht es den Tieren wirklich? Ist das, was ich sehe, artgerecht? Besteht für das Tier sogar eine Gefahr?

Stellt euch diese Fragen bitte und liked diese Beiträge nicht einfach. Jeder Klick, jeder Like, jedes Teilen bestärkt solche Menschen darin, noch mehr und noch ausgefallenere Beiträge zu posten.

Ihr mögt Tiere? Dann denkt bitte auch an deren Wohl und lasst sie einfach Tiere sein!
Gebt eurem Tier einfach das, was es am meisten benötigt und verdient hat: Ein erfülltes Leben und bedingungslose Liebe.