Live: Worlds Collide Tour mit Evanescence und Within Temptation

Worlds Collide Tour (c) woods of voices

Zwei Jahre sollte es dauern, bis die Worlds Collide Tour endlich stattfinden konnte. Pandemie-bedingt wurde die Veranstaltung immer wieder verlegt und damit die Nerven der Musiker und Konzertbesucher bis ins unermessliche strapaziert. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben und so kamen wir schlussendlich doch noch in den Genuss der Co-Headliner-Tour von Evanescence und Within Temptation. Zunächst am 3. Dezember in Leipzig, gefolgt vom Tour-Finale am 8. Dezember in Berlin, erlebten wir zwei unvergessliche Abende.

Ich stell mich schon mal an…

Eine lange Menschenschlange ließ bereits erahnen, dass der Einlass in die Quarterback Immobilien Arena in Leipzig etwas schleppend vorangehen würde. Selbst eine halbe Stunde nachdem die Türen geöffnet wurden, mussten wir noch immer beinahe eine halbe Stunde anstehen. Bei den eisigen Temperaturen und vollen Blasen eine äußerst unangenehme Herausforderung, mit der wir nicht gerechnet hatten. Als wir es endlich nach drinnen schafften und an der Garderobe anstanden (schon wieder), spielte bereits die Vorband. Wir wollen sicher nicht meckern und sind uns bewusst, dass man oft nicht um derlei Wartezeiten herum kommt. Aber der Einlass sollte so organisiert sein, dass die Besucher mit Beginn der Veranstaltung (und sei es „nur“ der Supportact) an ihren Plätzen sein können.

Auch in Berlin stießen wir auf lange Schlangen vor dem Einlass zum Velodrom, konnten jedoch (dank Gästeliste) an der wartenden Menge vorbeiziehen und hatten somit genügend Zeit für Garderobe und Obsorge, bevor wir unsere Plätze bezogen. Apropos: Mangels eindeutiger Ausschilderung (oder zu vieler Hinweise auf den Konzertkarten… Block, Reihe, links, rechts, Platz…) und fehlenden Platzanweisern, hatten wir einige Probleme, uns im Velodrom zurecht zu finden.

Smash Into Pieces heizen ein

Smash Into Pieces (c) woods of voicesPünktlich zu Beginn eröffneten Smash Into Pieces den Abend und stimmten das Publikum auf den restlichen Abend ein. Die Schweden kombinieren harten Rock mit eingängigen Pop-Elementen zu einem stimmigen Hörerlebnis. Lead-Sänger Chris Adam Hedman Sörbye überzeugte mit einer derart klaren und kräftigen Stimme, dass man hätte meinen können, es sei Playback. Zudem erinnert der Sound stark an Linkin Park. Hits wie „Wake Up“, „Bang Bang“,„Boomerang“ und „Glow In The Dark“ veranlassten die Besucher dazu, sich mit der Musik zu bewegen. Dies versuchte auch Sörbye, was bei dem Sänger leider etwas unbeholfen aussah, was dem Gesamteindruck jedoch keinen Abbruch tat.

Within Temptation übernehmen mit beeindruckender Bühnenshow

Within Temptation (c) woods of voicesNach einer kurzen Umbaupause von circa 30 Minuten, betraten Within Temptation die Bühne und starteten mit „Our Solemn Hour“ ihre fulminante Show. Spätestens mit „Faster“ gelang es den Niederländern, ihre Fans (und jene, die auf Evanescence warteten) mitzureißen. Während Frontfrau Sharon den Adel den Hit „Paradise“ performte, wurde auf der Videoleinwand die ehemalige Nightwish-Sängerin Tarja Turunen eingeblendet, die als Gastsängerin für den 2013 veröffentlichten Song fungierte. Nach einer kurzen Ansprache nahm Sharon den Titel „Raise Your Banner“ wörtlich und marschierte solidarisch mit einer ukrainischen Flagge ein – für die Ukrainer, die derzeit für ihr Land und ihre Familien kämpfen.

Sowohl in Leipzig als auch Berlin gastierte Annisokay-Sänger Christoph Wieczorek beim Song „Shed My Skin“, der in Zusammenarbeit mit der – in Sachsen-Anhalt gegründeten – Band entstanden ist. Während das Leipziger Publikum bei der Performance zu „The Reckoning“ auf Amy Lee verzichten musste, ließ es sich die stimmlich angeschlagene Evanescence-Frontfrau nicht nehmen, beim Tour-Finale noch einmal gemeinsam mit Within Temptation zu performen. Wieder allein auf der Bühne, gab Sharon die etwas ruhigeren Töne zu „All I Need“ in luftiger Höhe von einer Schaukel aus zum besten. Den Abschluss machten „Ice Queen“ und „Mother Earth“, bei denen die Mezzosopranistin noch einmal ihren vollen Stimmumfang zeigen konnte.

Konservenmusik macht das Warten zum Highlight

Nachdem Within Temptation die Bühne verlassen und sie dem Umbau-Team überlassen hatte, wurden die Besucher mit stimmungsvoller Musik aus der Konserve unterhalten. Warum das erwähnenswert ist? Ganz einfach: Weil der Song „Killing In The Name“ von Rage Against the Machine die ganze Halle zum beben brachte. Von rhythmischen Tanzbewegungen bis hin zum Headbangen lebte wirklich jeder seine Liebe zu den härteren Tönen aus und zeigte einmal mehr auf, dass Musik eben doch verbindet.

Unser Haupt-Act: Evanescence – Das Durchhalten hat sich gelohnt!

Endlich war der Moment gekommen, auf den wir so lange haben warten müssen: Evanescence betraten die Bühne und ließen unsere Fangirl-Herzen bis zum Haaransatz schlagen. Doch relativ schnell machte sich in uns Besorgnis um Amy Lee breit, deren Stimme sich deutlich angeschlagen zeigte. Die Frontfrau selbst bestätigte den Verdacht und entschuldigte sich beim Leipziger Publikum. 

Anmerkung: Wie sich einen Tag später herausstellen sollte, kursierte eine Infektionswelle, die die Band sogar dazu zwang den folgenden Tour-Stop in Polen abzusagen. Am 7. Dezember stand die Band aber schon wieder in Hamburg auf der Bühne.

Amy Lee - Evanescence (c) woods of voicesAmy kämpfte sich dennoch durch die (für Leipzig gestraffte) Setlist, um ihren Fans ein Erlebnis zu bieten. Leider haben sich doch einige Besucher von Lees Stimmproblemen abschrecken lassen und schon viel eher den Heimweg angetreten. Nicht so in Berlin: Noch immer von Heiserkeit geplagt, bekam das Berliner Publikum die komplette Setlist geboten. Das Intro „Artifact/The Turn“ mit einbezogen, wurden insgesamt sieben Lieder des aktuellen Albums The Bitter Truth gespielt – darunter „Broken Pieces Shine“ und „Take Cover“. Ein echter Evergreen auf Konzerten ist „Going Under“ aus dem Debüt-Album Fallen, welches mittlerweile (kurz vor dem 20-jährigen Jubiläum) in den USA Diamantstatus erreichte. In Leipzig leider nicht gespielt, wurde „Wasted On You“ – zu unserer großen Freude – wieder in die Berliner Setlist aufgenommen.

Bevor die ruhigeren Töne von „Far Away From Heaven“ durch den Velodrom tönen, werden die Konzertbesucher daran erinnert, jeden einzelnen Moment zu schätzen. So auch diesen, in dem wir alle zusammenkamen, um einen besonderen Abend fernab der unruhigen Außenwelt zu erleben. Bevor uns die Realität wieder einholte, wurden wir mit „Imaginary“ in eine alternative Welt entführt, in der sich jeder, nach Schutz suchend, zurückziehen kann. Das komplette Gegenteil dazu lieferte Evanescence mit „Use My Voice“ – unserem persönlichen Lieblingssong des Jahres 2020. Die Hymne ist viel mehr als nur ein bloßes Statement und live nochmal umso beeindruckender. An dieser Stelle möchten wir ‚Danke‘ sagen, dass wir diesen epochalen Moment erleben durften!

Am Ende wurde es noch einmal emotional. Amy bedankte sich für die Treue ihrer Fans und dass diese seit zwei Dekaden ihr Leben mit der Band teilen. Zum Dank stimmte sie „My Immortal“ an und rief alle Anwesenden dazu auf, mit ihr zusammen zu singen – nicht, dass diese Bitte nötig wäre. Der ganze Velodrom fiel ein… Ein wahrer Gänsehautmoment! Einmal eingestimmt, war die Menge auch bei „Bring Me to Life“ voll dabei und feierte den grandiosen Abend. (An dieser Stelle möchte ich gern meinen Vaddi zitieren, der schon vor 19 Jahren feststellte: „Das Ding ist geil!“) 
Diese beiden Songs, die wohl bei keinem Evanescence-Konzert fehlen dürfen, bilden den Abschluss des Konzerts und damit auch der Worlds Collide Tour.

Während wir derweil noch ein wenig in den anhaltenden Erinnerungen schwelgen, sei euch unsere Musik-Kategorie empfohlen. Hier findet ihr weitere Konzert-Berichte, sowie Empfehlungen und spannende Interviews.