Tiere gehören nicht auf eine Messe!

Tiere auf Messen (c) woods of voices

Kürzlich fand in Leipzig wieder die Haus-Garten-Freizeit-Messe (HGF) statt. Unmengen von Besuchern drängten sich in den Hallen, informierten sich unter anderem über die neuesten Wohntrends und hofften, das ein oder andere Schnäppchen zu machen. Ein nicht unwesentlicher Teil dieser – jährlich stattfindenden Messe – stellen Tierzüchter dar, die freilich auch einige ihrer Schützlinge dabei haben. Doch was eigentlich über artgerechte Haltung informieren sollte, ist das reinste Martyrium für die ausgestellten Lebewesen.

Seit meiner Kindheit besuche ich regelmäßig die HGF. Früher habe ich mich freilich am meisten auf die Tiere gefreut. Wenn man kein eigenes Haustier haben darf, ist dies die beste Möglichkeit, den kuscheligen Zeitgenossen nahe zu sein.
Was man als Kind natürlich nicht sieht, sind die Umstände unter denen diese Tiere zur Schau gestellt werden: Viel zu kleine Käfige und Gehege, eine extrem laute Umgebung und der Transport zur Veranstaltung sind der pure Stress für die Wesen, die wir eigentlich schützen sollten.

Auch Heidi kann ein Lied davon singen. Teile doch bitte deine Erfahrungen mit uns.

Zweimal war ich bei einer solchen „Reptilienbörse“. Das ist allerdings schon einige Jahre her und lies mich damals schon skeptisch bis wütend zurück.

Heute verurteile ich derlei Veranstaltungen aufs schärfste und bekomme schon Bluthochdruck, wenn ich nur an den Begriff denke. Per Definition ist eine Börse ein „regelmäßig stattfindender Markt für […] vertretbare (fungible = austauschbare) Waren, für die nach bestimmten festen Bräuchen Preise ausgehandelt werden“. Aha! Tiere – lebende, fühlende Wesen – sind also austauschbare Waren.

Genauso werden sie dort leider auch behandelt. Das beste Beispiel, von dem ich persönlich berichten kann: Ein Chamäleon-Züchter mit dutzenden Jungtieren, die den ganzen Tag (wahrscheinlich sogar das gesamte Wochenende) über in sogenannten Heimchendosen gehalten werden.
Für einen kurzen Transport mag das für ein ca. 3-6 cm kleines Tier okay sein, auch für Lebendfutter, wie Heuschrecken oder Heimchen (der Name sagt es schon) sind diese Behältnisse völlig in Ordnung.

Sieht man aber, dass junge Chamäleons in knochentrockenen Boxen ohne Versteckmöglichkeit und lediglich einem Teil einer Kunststoffpflanze über Stunden hinweg ausharren müssen, kommen doch Zweifel an der artgerechten Haltung auf. Diese Tiere sind tropisch. Ergo brauchen sie Wärme, viel Feuchtigkeit und Grün.

Abseits der anderen Chamäleons stand eine einzelne Box mit einem nicht mehr ganz so lebendig wirkenden Jungtier. Auf meine Nachfrage, was mit dem Tier sei, bekam ich ungefähr diese Antwort: „Der hat einen Knick im Schwanz, deshalb wandert er in den Müll. Sowas verkrüppeltes kauft eh niemand.“ – Mal ganz zu schweigen davon, dass das Tier völlig dehydriert war.

Charlie beim Kuscheln (c) woods of voicesEin Knick im Schwanz eines Chamäleons entsteht nicht einfach so. Recht gleichgültig bekam ich zu hören, dass das Tier heruntergefallen sei; dass das schonmal passieren kann und dass er zum Glück ja noch genug andere Ware dabei hat.

Lange Rede und so weiter: Der kleine Kerl bekam den Namen Charlie, ein vernünftiges Terrarium mit allerhand echten (!) Pflanzen und eine ordentliche Portion Wasser. Die Verletzung am Schwanz hat seine Balance anfänglich noch etwas beeinflusst, war aber mit der zweiten Häutung gänzlich verheilt.

So hatte Charlie, dank meines Helfersydroms für vernachlässigte und misshandelte Tiere, doch noch ein schönes Chamäleon-Leben. Und ich habe zum letzten Mal eine solche Börse besucht. TIERE SIND KEINE WARE!!!

Ein anderes, einschneidendes, Erlebnis war der Besuch der Heim- und Haustiermesse vor einigen Jahren – wohlgemerkt mein erster und zugleich letzter.

Diese fand im Sommer statt. Wer schon einmal bei Sonnenschein auf der Leipziger Messe war, kennt die Temperaturen in der Glashalle?! Für uns Menschen schon schwer zu ertragen, für Tiere eine Qual!
Die übrigen Eindrücke glänzten auch nicht gerade:

  • Tiere, die über Stunden in Transportboxen eingepfercht waren und nur zu Vorführungszwecken herausgeholt wurden.

  • Tiere, die ausgestellt und präsentiert wurden, wie das neueste Fahrrad oder eine seltene Antiquität.

  • Traurige Jungtiere (speziell fallen mir da die Katzenbabys ein), die von ihren entsetzten Elterntieren separiert wurden, nur damit die Besucher sie gefahrlos befummeln können.

  • „Show-Tiere“, die bestraft wurden, wenn sie während ihrer Darbietung nicht das gemacht haben, was sie sollten.

TIERE SIND KEINE GEGENSTÄNDE ODER ROBOTER!

Und der absolute Knüller kommt zum Schluss: Selbsternannte Tierfreunde, die ihre Hunde unbedingt mit zur Messe schleppen mussten. Während sich die meisten von ihnen drinnen, völlig überfordert und verängstigt durch die Besuchermassen kämpfen mussten (was ja nicht schon schlimm genug ist), traf manche ein noch viel schlimmeres Schicksal.

Ich erinnere mich noch sehr gut an die Schlagzeilen – und diese waren nicht aus der Luft gegriffen, denn ich habe es selbst erlebt. Es gibt leider noch immer solche – ich muss es einfach so ausdrücken – ignorante Vollpfosten, die ihre Hunde allein im Auto lassen.

Dass das – besonders bei sommerlichen Temperaturen – den sicheren und sehr qualvollen Tod für die Tiere bedeutet, begreifen manche Menschen einfach nicht. So hat es an jenem Wochenende mindestens zwei Fellnasen erwischt, die den heißen Temperaturen im Auto erlegen sind.

BESCHÜTZT EURE TIERE!

Lasst eure Tiere doch bitte zu Hause!

Mindestens genauso schlimm ist die Tatsache, dass einige Besucher auch ihre eigenen Vierbeiner mit zu solch einer Veranstaltung schleppen. Umso schlimmer, dass die Messe sogar mit einem „Hundetag“ dazu einlädt. Entschuldigt bitte, aber da schwillt mir echt die Krawatte! Vor allem als Tierhalter sollte einem klar sein, dass dies der pure Stress für das Lebewesen ist. Eingekniffene Schwänze und verängstigte Blicke sind hier keine Seltenheit. Da hilft es auch nicht, den „Handtaschenhund“ in eben jener mit sich zu führen. Die vielen Eindrücke können unmöglich alle verarbeitet werden. Von den grapschenden Händen anderer Besucher einmal ganz abgesehen. Manch einer mag ja mit dem Argument kommen: „Die Tiere sind das doch gewöhnt“ und „Guck mal, wie entspannt die sind“. Aber der Schein trügt.

Was läuft falsch?

  • viel zu kleine Gehege
  • kein artgerechter Untergrund
    • Lamas und Alpakas stehen auf einer (harten) Plane 
  • Tiere haben kaum Rückzugsorte
  • von allen Seiten laute Geräusche, Kindergeschrei und grapschende Hände
  • ebenso ist der Transport zum Veranstaltungsort unnötiger Stress und zu vermeiden
  • Hunde sind gezwungen, den ganzen Tag ein Geschirr oder Halsband zu tragen
  • oftmals werden vor allem Jungtiere (Kaninchen) ausgestellt
  • mitunter liegen die Tiere in ihren eigenen Exkrementen
    • ein Kaninchen war, wenige Stunden nach Eröffnung (am ersten Messetag!), voller Kot – das Fell ganz struppig

Was kann man besser machen?

Ich möchte keinesfalls die HGF schlecht machen. Lediglich sei angemerkt, dass man vielleicht einmal das Konzept überdenken sollte. Es steht außer Frage, dass Tiere ein Anziehungspunkt für viele Besucher darstellen – insbesondere natürlich für Kinder. Aber meines Erachtens nach wäre es doch viel besser, eine separate Veranstaltung für Züchter anzubieten, bei der die Tiere in ihrer gewohnten Umgebung sein können und vor allem vor dem Trubel und immensem Lärm der Besucher geschützt sind.

Ich weiß, dass es sogenannte Haustiermessen gibt, bei denen es rein ums Tier geht. Aber auch hier sind die Schützlinge schlimmen Umständen ausgesetzt, die fern jeder artgerechten Haltung sind. Und wenn jetzt jemand kommt und sagt: „Das ist doch nur für ein paar Stunden“, den sperr ich in einen 1qm-kleinen Raum, ohne Sitzgelegenheit, mit nichts mehr als einem Glas Wasser und gegebenenfalls etwas Trockenfutter! Pardon, aber bei dem Thema geht echt mein Temperament mit mir durch!

Liebe Aussteller: Mietet euch doch bitte eine Wiese/Weide oder dergleichen. Stellt von mir aus Pavillons auf, um euch und Besucher vor der Witterung zu schützen und zeigt den Menschen, wie artgerechte Tierhaltung wirklich geht. Bietet Führungen in kleinen Gruppen an. Sicher ist eine solch große Messe gut, um eine breites Publikum zu erreichen. Dabei sollte aber keinesfalls das Tierwohl außer Acht gelassen werden! Interessierte Besucher kommen auch ohne zur Schau gestellte „Kuscheltiere“ an euren Stand um sich zu informieren. Man kann auch auf andere Weise für Aufmerksamkeit sorgen.

An Besucher, die ihre Vierbeiner mit zu Großveranstaltungen schleppen: Lasst eure Tiere bitte zu Hause, in ihrer gewohnten Umgebung und setzt sie nicht dem enormen Stress aus. Kann euer Tier nicht so lange alleine sein, dann sorgt für eine Pflege oder bleibt zu Hause! Man sollte sich vor der Anschaffung eines Tieres darüber im Klaren sein, dass man dadurch gebunden ist und vielleicht auch Kompromisse eingehen muss!  Wir können es nur immer wieder predigen: Wenn wir uns Tiere anschaffen, stehen sie in unserer Obhut und sind damit von uns zu schützen!