Der Harz: Von Hexen und Höhenflügen
Warum wir erst jetzt in den wunderschönen Harz gefahren sind? Keine Ahnung! Jedenfalls war es allerhöchste Zeit – ganz besonders da der Hexentanzplatz regelrecht nach uns ruft.
Kleiner Hinweis vorweg: Der folgende Text ist vielleicht etwas länger. Kocht also schon mal eine Kanne Kaffee (oder zwei, drei) und macht’s euch gemütlich. Das dauert eine Weile.
Die Anreise
Von vornherein stand fest: Es soll ein Camping-Wochenende werden, schließlich haben wir ein brandneues Zelt in Form eines VW Bullies!
Selbstverständlich hat sich besonders Mandy (die beste Reiseleiterin der Welt) im Vorfeld ordentlich Gedanken gemacht und recherchiert, was das Zeug hält. So war der richtige Campingplatz schnell gefunden – direkt in Thale, nahe des Hexentanzplatzes. Zu unserem Bedauern war dieser leider schon komplett ausgebucht, also sind wir weiter nördlich nach Braunlage ausgewichen. Wir sind ja flexibel! Außerdem haben wir so die Möglichkeit bekommen, durch die atemberaubende Landschaft und die überaus charmanten Fachwerk-Örtchen fahren zu können.
Beim Check-In werden wir von einer sehr freundlichen und hilfsbereiten Holländerin begrüßt. Nach dem wohlgemeinten Hinweis, dass wir doch bitte weder Müll, noch Schuhe vor dem Zelt liegen lassen sollen (Waschbären sind anscheinend Schuhfetischisten), werden wir völlig unkompliziert zur Zeltwiese dirigiert. Es herrscht (ziemlich) freie Platzwahl. Klar, dass wir uns wieder die rücksichtslosesten Idioten des Platzes als direkte Nachbarn aussuchen.
Nun ja… da uns dies erst während der ersten Nacht klar wird, bleibt unser Zelt an Ort und Stelle und wir beschließen, uns mit der Situation zu arrangieren. Wohlwissend, dass wir in dieser Nacht ohnehin nicht viel schlafen werden, da ein eisiger Sturm durch’s Gebirge fegt, versuchen wir wenigstens etwas zu ruhen – der nächste Tag wird schließich anstrengend genug.
Das Abenteuer beginnt
Durchgefroren und zerknautscht starten wir also unseren großen Tag – selbstredend mit einer ganzen Ladung wohlig dampfendem Instantkaffee. Nochmal eben schnell das Zelt mit zusätzlichen Spannseilen fixiert (Schließlich wollen wir Schlagzeilen wie “Blauer Bulli fliegt über Braunlage” vermeiden!), auf unseren motorisierten Besen geschwungen, beginnt der wilde Ritt – oder um es mit den Worten des Meisters zu sagen: “Die Hexen zu dem Brocken ziehn”.
Allein der Weg nach Thale (Wie bereits erwähnt: wunderschöne Landschaft, Fachwerk-Charme… eben das.) entschädigt für die semi-schlaflose Nacht und eine gewisse Euphorie macht sich breit. Außer bei Tabsie – die schlummert seelig auf dem Rücksitz. Ganz nebenbei entdecken wir beim Blick aus dem Fenster noch den Ursprung der Harzer Rolle… Nein, ihr müsst unseren Humor nicht verstehen. Also weiter im Text!
Die Fahrt auf das Plateau über dem Bodetal, auf welchem der Hexentanzplatz liegt, ist defintiv nichts für Leute, denen in kurvenreichen Straßen übel wird. Zudem geht es recht steil bergauf, aber unser Shelly (Ja, Mandys Auto trägt den klangvollen Namen Shelly – Abkürzung von Sheldon.) schafft das. Natürlich könnten wir den Weg auch wandern, aber nein! Alternativ führt die Bodetal-Seilbahn von Thale aus zum Hexentanzplatz. Aber auch das fällt aus. Ich hänge doch ein kleines bisschen an meinem Leben.
Während sich Mandy also darauf konzentriert in der Spur zu bleiben, schwebe ich quasi auf Wolke sieben. Berge und Wald so weit das Auge reicht, der Duft nach Holz und Moos… Ja, ich bin und bleibe ein Gebirgsmädchen (Ich weiß! Haha, Heidi… Danke, Mutti! ).
Unter Gleichgesinnten
Als wir unser Ziel schließlich erreichen, sind wir zunächst etwas geschockt. Derartige Menschenmassen haben wir nicht erwartet. Egal! Wir sind hier und wollen die volle Witchy-Dröhnung. Flugs noch einen Parkplatz suchen und auf ins Getümmel. Nachdem wir das Hexenhaus bewundert und uns einen Überblick verschafft haben, beschließen wir – leicht überfordert – erst einmal in Richtung Klippe zu gehen. Dabei führt uns unser Weg vorbei an der Figurengruppe aus Teufel, Hexe und Homunkulus. Leider konnten wir hier keine schönen Fotos machen, da die Steine und Figuren als Spielplatz missbraucht werden.
Zurück zum Abgrund: Das teilweise unwegsame Gelände gestaltet sich an manchen Stellen zwar etwas schwierig (besonders wenn man zusätzlich 6 kg Hund vor sich herträgt), aber so ist die Natur nun einmal und der Ausblick auf das Bodetal und die Roßtrappe ist es defintiv wert. Inmitten der Harzer Bergkette ehebt sich der Brocken majestätisch am Horizont. Einfach atemberaubend! Da muss selbst Tabsie mal eben das Köpfchen auf dem Geländer ablegen und innehalten.
Keine Aussichtsstelle ist vor uns sicher. Dank unserer ausgeklügelten Tabsie-Weitergabe-Taktik wird einfach jedes Steinchen erklommen. Da ich ein dezentes Problem mit Höhe hab, darf Kamikaze-Mandy die “ungesicherten” Felsen hübsch alleine besuchen. 😉
Und weiter wandeln wir auf den Pfaden unserer Schwestern im Geiste. Den “hauseigenen” Tierpark lassen wir diesmal aus, denn es gibt noch so viele andere Sachen zu sehen. Am Tor des Tierparks können wir jedoch nicht einfach so vorbeigehen. Das, mit Schnitzereien verzierte, Tor ist einfach zu heroisch und die hexischen Wächterinnen zu niedlich. Damit ist die erste Runde auch schon geschafft. Nichts wie auf zu den Souvenierläden!
Den Göttern und Goethe zu Ehren
Nachdem reichlich Andenken eingekauft und die Geldbeutel nahezu geleert worden sind, muss schließlich noch die Walpurgishalle besucht werden.
Auf dem Weg kommen wir an den Überresten des Sachsenswalls vorbei. Zugegeben: Recht unscheinbar. Oder vielleicht sind die meisten Besucher einfach nur Banausen? Ich, als kleiner Geschichts-Geek, muss selbstverständlich stehen bleiben, diesen hübschen Steinhaufen bewundern und die angebrachte Infotafel ausführlich studieren. Dabei erfahre ich unter anderem, dass diese Befestigungsanlage (von irgendwas zwischen dem 8. und 5. Jh.v.Chr.) auch “Heidenwall” oder “Teufelsmauer” genannt wurde. Zudem entdeckten Forscher einen beachtlichen Granitstein (ein Opferstein), auf welchem sich altgermanische Symbole (vermutlich Fruchtbarkeitssymbole) befinden. Dieser ist heute in der Walpurgishalle ausgestellt. Hallo, das ist voll interessant!
Apropos Walpurgishalle: Was für ein beeindruckender Bau! Um ehrlich zu sein, wussten wir zunächst nicht genau, was uns dort erwartet. Der Name hat uns einfach gelockt. Überrascht stellen wir fest, dass alles darin unserem Dichter-Helden Nummer 1 gewidmet ist. Zahlreiche Gemälde und Textauszüge aus Goethes Faust (Anzeige) (speziell die Walpurgisnacht) zieren das Innenleben der Halle. Würde man von außen überhaupt nicht denken. Die ursprüngliche Idee war nämlich, auf dem Brocken eine Festhalle zu errichten, in der die Walpurgisnacht zelebreiert werden kann. Letztlich wurde jedoch zum Hexentanzplatz umgezogen und nun steht dort seit 1901 eine große Halle im altgermanischen Stil, über deren Eingang der Göttervater Wotan wacht.
Gleich nebenan ist das Harzeum mit der Walpurgisgrotte. Darin entdeckt man sich in… naja… einer etwas anderen Ausstellung zum Thema Hexen wieder. Unbedingte Empfehlung für all jene, die sich dem ganzen Thema gern mal mit einem Augenzwinkern oder einem ausgedehnten Lachanfall widmen wollen.
Zudem findet sich in diesem Areal der wohl beste und beeindruckendste Aussichtspunkt auf die gesamte Umgebung. Psst, dort hat man auch weitestgehend seine Ruhe vor anderen Menschen. Und falls doch mal jemand hart nervt – der Abgrund ist an einigen Stellen sehr steil. Nur als kleiner Pro-Tipp am Rande.
Auf bald, Ladies!
Da sich unser Tag bereits dem Ende zuneigt, müssen wir auch das Bergtheater (eins der ältesten Naturtheater Deutschlands) auslassen. Die unfassbar spaßig aussehende Abfahrt auf dem Harzbob (Allein der Titel! ) fällt ebenfalls flach. Unsere kleine Hunde-Omi mag’s eher gemächlich.
Doch bevor wir uns von unseren zauberhaften Freundinnen losreißen können…. (Ich meine die Hexen. Wir haben sonst keine Freunde. An dieser Stelle bitte ein Sarkasmus-Schild denken!) Jedenfalls fällt uns ein, dass wir noch nichts gegessen haben. Warum ich das erwähne? Ganz einfach. Die frisch zubereiteten Flammkuchen sind sehr lecker – besonders die süße Variante mit Apfel und Zimt, ABER enttäuschend klein, für den Wucherpreis von 6 Euro. Als Wiedergutmachung muss demnach noch ein köstlichliches, recht erschwingliches Softeis herhalten.
Gesättigt und glückselig machen wir uns auf den Rückweg zu unserem Zeltplatz und sind dabei voller Hoffnung, dass unser Zelt noch nicht weggeweht wurde und unsere nervigen Nachbarn vielleicht schon abgereist sind. Spoileralarm! Nur eine der beiden Hoffnungen wurde erfüllt.
Eigentlich wollen wir auf unserem Weg noch ein paar Fotos von der Teufelsmauer schießen. Nicht die von eben (hat nichts mit dem Sachsenwall zu tun), sondern einer eindrucksvollen Sandsteinformation, die sich über eine Länge von 20 km erstreckt. Irgendwie finden wir jedoch nicht den richtigen Spot und wandern ist an diesem Tag wirklich keine Option mehr. So wird auch das vertagt.
Der Abschied
Im Vergleich zum Vortag etwas weniger durchgefroren und zerknautscht, springen wir frohen Mutes aus unseren Schlafsäcken. Nein, Spaß! So etwas tut niemand. Zwar war diese Nacht windstill, deshalb aber nicht ruhiger. Bei Nachbars hat die Boombox wieder geglüht und wir hatten waschbärigen Besuch vor dem Zelt. Indes wir uns mit ersterem schon halbwegs arrangiert haben, missfällt zweiteres vor allem Tabsie, die bis dahin friedlich eingemummelt geschlummert hat. Irgendwann haben wir dann doch noch etwas Schlaf gefunden.
Während des zweiten oder dritten Kaffees (als wir beide ansatzweise kommunikationsfähig waren) haben wir beschlossen, dass Camping in dieser Form für uns definitiv nicht mehr in Frage kommt. Allein der nächtliche Weg zur Toilette… Nichts für schwache Blasen!
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge packen wir also zusammen und machen uns auf die Heimreise. Jedoch nicht, ohne noch einen Abstecher nach Wernigerode zu machen (auch ein Punkt auf der zukünftigen To-Do-Liste). Das Schloss und die schnuckelige Altstadt betrachten wir lediglich auf der Durchreise. Unser Ziel ist nämlich das Baumkuchenhaus. Dank eines Gutscheins, den wir bei Anreise auf dem Campingplatz erhalten haben, können wir uns hier noch einmal richtig austoben. Mit dem halben Sortiment im Gepäck geht’s nun aber wirklich nach Hause.
Wir sagen: Auf ganz bald, du wunderschöner Harz!
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